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Fatebug -Tödliches Netzwerk 13

 

13.

 

 

 

Nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt klingelte der Wecker. Gut, dass er ihn gestellt hatte, sonst hätte er wohl verschlafen. Klaus Sehlmann sprang aus dem Bett. Und unter die Dusche. 15 Minuten später stand er, durch den kurzen Schlaf und die Dusche erfrischt, mit frischen Sachen bekleidet, wohlgefällig vor dem Spiegel. Er schnappte sich den Mantel von der Garderobe, verließ Zimmer und Hotel und eilte durch den Nieselregen zur nächsten S-Bahnhaltestelle. Knappe 20 Minuten später betrat er die Eingangshalle des Hyatt Hotels. Da er etwas zu früh dran war, nahm er noch in einer Sitzgruppe in der Halle Platz. Er wählte einen Sessel, der ihm gute Sicht auf den Eingang und den Empfangstresen bot. Versteckt hinter einem Magazin beobachtete er das Treiben im Hotel.

 

Pünktlich um 20:30 Uhr kam sie durch die Eingangstür. Hatte sie ihn am Nachmittag schon sprachlos gemacht, raubte sie ihm jetzt den Atem. War es das etwas stärkere Make-Up, die fehlende Brille, die aufwändigere Frisur oder doch die endlos scheinenden schlanken Beine, die zwischen den Stilettos und dem Rand ihres kurzen Mantels sichtbar waren. Er sprang auf und eilte ihr entgegen.

 

Frau Meier-Uhland, sie sehen fantastisch aus“. Nicht mal eine Begrüßung hatte er zustande bekommen, so hin und weg war er.

 

Barbara bitte“, antwortete sie. „Kommen Sie, gehen wir noch kurz an die Bar. Ich habe uns einen Tisch für neun Uhr reserviert!“

 

Gerne. Ich heiße übrigens Klaus“, war die mehr dahin gestammelte, denn flüssig gesprochene Antwort. Als er ihr an der Garderobe den Mantel abnahm, bekam er den nächsten Schlag. Das Kleid ließ viel Raum für ein ausladendes großes Dekolletee, aber keinen Platz für die Träger eines BH´s. Als sie ihm für die Hilfe dankte und ihm ein Lächeln schenkte, merkte er,dass er wie ein verliebter Pennäler errötete. So hatte er sich schon am Nachmittag gefühlt, als Barbara, nein zu dem Zeitpunkt noch Frau Meier-Uhland, ihn gefragt hatte, ob er sich denn in Köln auskennen würde. Als er verneinte, bot sie ihm an, ihm bei einem Abendessen einiges über die Stadt zu erzählen und ihm anschließend noch ein bis zwei nette Lokale zu zeigen. Als er begeistert zugestimmt hatte, machte sie den Vorschlag mit einem Essen im „Glashaus“, dem Restaurant im Hyatt-Hotel, zu beginnen und bot auch gleich an, einen Tisch für sie zu bestellen. Er stimmte abermals begeistert zu.

 

Ich schicke Ihnen eine E-Mail mit den Details“ hatte sie ihm zum Abschied gesagt. Und nun saß er neben dieser Frau an der Bar. Egal was der Fall bringen würde. Der Einsatz in Köln hatte sich schon jetzt gelohnt.

 

Wie wird man denn Fallanalytiker?“, fragte Frau Meier-Uhland, nachdem sie sich Drinks, sie einen Highball, er einen Ricard, bestellt hatten.

 

Er erzählte seine Geschichte, beginnend bei den Interessen in der Jugend, dem Studium, den ersten Schritten in der „gewöhnlichen“ Polizeilaufbahn, dem USA-Aufenthalt und den ersten, nunmehr bereits 18 Monaten seiner Arbeit beim Landeskriminalamt. Bevor er das Gespräch auf sie lenken konnte, kam ein Kellner aus dem Restaurant herüber, sprach Frau Meier-Uhland mit ihrem Namen an und bat sie, ihm zu folgen, da der Tisch für sie bereit war.

 

Offenbar war sie öfters hier“, dachte sich Klaus Sehlmann als er den beiden durch das vollbesetzte Restaurant zu einem Tisch am Fenster folgte. „Ich kann es nicht lassen“, gestand er sich selber ein, hatte er doch gerade geschlussfolgert, dass auch die Tatsache, dass sie in diesem beliebten Fresstempel, - das hatten zumindest seine Recherchen im Internet ergeben -, kurzfristig auch noch einen Fenstertisch bekam, eindeutig dafür sprach, dass sie nicht zum ersten Mal hier war. Das Restaurant hieß auch nicht zufällig Glashaus, sondern machte, mit seiner guten Aussicht auf die beleuchtete riesige Kathedrale und die Kölner Altstadt auf der gegenüberliegenden Rheinseite, seinem Namen alle Ehre.

 

Am Tisch angekommen schob der Kellner einen der beiden Stühle zurück, beschied der Dame Platz zu nehmen und schob synchron zu ihrer Bewegung den Stuhl wieder in Richtung Tisch. Klaus Sehlmann nahm, ohne Unterstützung, auf dem Stuhl gegenüber Platz. Bevor sie ihr Gespräch fortsetzten konnten, kam bereits ein weiterer Kellner mit zwei riesigen Karten an ihren Tisch, schlug eine der Karten auf und reichte sie der Dame. Die zweite Karte reichte er mit dem gleichen Prozedere ihm. Frau Meier-Uhland wählte zu seiner Überraschung ein Drei-Gang Menü mit begleitenden Weinen, Sehlmann schloss sich an.

 

Barbara war, so stellte er während ihrer Unterhaltung vor, beim und nach dem Essen fest, nicht nur eine atemberaubende Schönheit, sondern auch eine angenehme und inspirierende Gesprächspartnerin. Sie war im Vorteil. Natürlich kannte sie seine Akte, wusste also über Alter, Wohnort und den Beziehungsstatus Bescheid. Natürlich sprach sie Vieles trotzdem an, er antwortete, wo gefragt, meistens mit der Wahrheit. Nur bei Beziehungsstatus war er nicht ganz aufrichtig. Dass er nicht verheiratet war, wusste sie, das „liiert“ verschwieg er, eher einem Automatismus folgend als bewusst. Immerhin fiel ihm Brigitte, seine Freundin, jetzt ein, als er sie verschwieg. Und auch, dass er ganz vergessen hatte, sie anzurufen. Nun würde es schwierig werden, denn er hatte, während er im Foyer wartete, das Handy auf den Flugmodus gestellt. Aber sie würde sich keine Sorgen machen. Es kam öfters vor, dass die Ermittlungen sich bis in die späte Nacht hinzogen und keine Zeit für einen Kontakt blieb. Aber er musste sich jetzt eingestehen, worauf er offenbar hinauswollte. Und er errötete schon wieder.

 

Über Barbara erfuhr Klaus Sehlmann nur wenig. Fragen nach dem Alter waren nicht zulässig, über den Beziehungsstand gab sie nur preis, dass es nach einer längeren Beziehung derzeit nichts Festes gab. Über ihren Job konnte oder wollte sie nicht viel erzählen, Begründung Vertraulichkeit.