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Fatebug - Tödliches Netzwerk 89

 

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Langsam wurde es wirklich kritisch mit der Müdigkeit. Einen Unfall, weil er zum Beispiel in einen Sekundenschlaf abglitt, konnte er absolut nicht gebrauchen. Es waren zu viele Beweismittel im Fahrzeug. Zwar hatte er schon vor einigen Minuten auf einem Autobahnrastplatz einige Utensilien weggeworfen, früher als geplant, doch der freie Parkplatz direkt neben dem Abfallcontainer war zu verlockend gewesen. Aber seine Kamera mit den Aufnahmen und die Reisetasche hatte er noch bei sich. Immerhin, die blutige Kleidung und die gebrauchten Werkzeuge war er schon losgeworden.

 

Da ihm das Weiterfahren zum Flughafen zu gefährlich war, entschloss er sich, die nächste Raststätte anzufahren und einige Stunden im Auto zu schlafen. Auf einer Raststätte war es nicht ungewöhnlich, dass übermüdete Fahrer ein Nickerchen machten. Es war sogar gern gesehen. Eine Pause hatte auch den Vorteil, dass er nicht zu nachtschlafender Zeit am Flughafen ankam. Sicher war es nicht unüblich, dass auch dort zu einer derart späten oder frühen Stunde ein Fahrzeug zurückgegeben wurde, aber im morgendlichen Trubel würde er wohl weit weniger auffallen. Zudem würde er zu normalen Zeiten besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück in die Stadt kommen. Hoffte er, denn das hatte er vergessen. Sich die Fahrpläne im Voraus anzusehen. Er wurde nachlässig. Das durfte nie wieder passieren. Vorsicht war wichtig und deshalb nahm er auch die Ausfahrt zur nächsten Raststelle. Er parkte seinen Wagen in einer freien Bucht möglichst weit abseits von der nächsten Laterne. Überraschenderweise machte ihm das Einschlafen mehr Mühe als erwartet, wahrscheinlich war er doch noch zu angespannt, die Kälte, die langsam in den Wagen kroch, tat ein Übriges. Doch irgendwann musste er dann doch eingeschlafen sein, hofft er zumindest, als er erwachte, desorientiert, durchgefroren und mit schmerzendem Rücken. Ein Blick auf die Uhr, erst kurz nach 5:00 Uhr. Aber immerhin die wenigen Stunden sollten gereicht haben, um die letzten Kilometer halbwegs sicher hinter sich zu bringen. Er hätte gerne einen Kaffee getrunken. Dazu hätte er aber in das Restaurant oder den Tankstellenshop gehen müssen, an den Kameras der Tankanlage vorbei, sich dem Risiko aussetzend, aufgenommen zu werden. Je weniger Spuren er hinterließ, umso besser. Aber ein Besuch auf der Toilette ließ sich nicht vermeiden. Er verließ das Fahrzeug, zog den Mantel fest an seinen Körper und stülpte sich die Kapuze über. Ungesehen und ohne selbst Kameras zu sehen, erreichte er den zur Raststätte gehörenden Gebäudekomplex und betrat den Trakt, in dem sich die Toiletten befanden, durch den rückwärtigen Eingang. Keine Kameras, keine Menschen. Nach einem kurzen Stopp am Urinal und einer Katzenwäsche am Waschbecken eilte er zurück zum Wagen, startete das Fahrzeug und fuhr sofort los.

 

Ich muss ja noch tanken“, fiel ihm ein. Das erledigte er dann noch vor dem Flughafen, wo er kurz vor 7:00 Uhr den Wagen im Parkdeck des Autovermieters abstellte. Er nahm seine Habe aus dem Auto, verschloss das Fahrzeug und warf den Schlüssel in den dafür vorgesehenen Briefkasten. Dann macht er sich auf den Weg zum Terminal, zog am Fahrkartenautomaten eine Karte für eine einfache Fahrt bis zum Münchner Bahnhof, ging hinunter zur U-Bahn-Station, stieg in die bereitstehende Bahn der Linie 8, die ihn noch vor 8:00 Uhr zum Hauptbahnhof brachte.

 

Hier gönnte er sich eine Frühstückspause, trank an einem Stehimbiss einen Kaffee, aß eine Semmel und eilte danach in einen im Bahnhof angesiedelten Drogeriemarkt, wo er eine kleine Flasche Mundwasser erstand. Er musste ja den Mitreisenden nicht unbedingt durch einen extrem schlechten Mundgeruch in Erinnerung bleiben. Zur Toilette musste er ja sowieso noch einmal. Also noch einmal auf die Bahnhofstoilette, zum Umspülen mit dem Mundwasser. Er freute sich auf die Heimfahrt. Im Zug würde er Gelegenheit zum Schlafen bekommen.