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Fatebug - Tödliches Netzwerk 96

 

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Was können Sie mir über das Opfer erzählen?“, fragte Hauptkommissar Faber die versammelte Gruppe der Dresdner Ermittler. Er war erstaunt gewesen, als er den Besprechungsraum im Dresdner Polizeipräsidium betrat und statt der erwarteten Gruppe von zwei bis drei Gesprächspartnern annähernd ein Dutzend Kollegen im Raum vorfand. Immerhin war es beinahe Mitternacht.

 

Das Opfer heißt Berthold Karski“, antwortete Hauptkommissar Herbst. „Er wohnte in Dresden, in der Karl-Liebknecht-Strasse, war arbeitslos, seit über fünf Jahren Hartz IV Empfänger. Er hing die meiste Zeit mit einer Gruppe im Käthe-Kollwitz-Park zusammen, wenn sie nicht in einer Kneipe namens Felsenkeller tagten. Vor einiger Zeit hatte er die Datsche, in der er heute Morgen gefunden wurde, geerbt“.

 

Hatte er eine Fatelogseite? Haben Sie die schon analysiert?“, fragte Faber nach.

 

Ja haben wir. Und wir haben eine Warnung von Fatebug gefunden. Die war schon über sechs Wochen alt, aber es war genau derselbe Text, wie der vor dem sie gewarnt hatten. Er konnte sich aber nicht mehr melden. Laut vorläufigem Bericht der Pathologen ist er schon über eine Woche tot.“

 

Hätten wir die Warnung gleich veröffentlicht, hätte er allerdings eine Chance gehabt“, dachte sich Faber.

 

Karski hatte übrigens auch diese Hassmeldungen gepostet. Insbesondere hat er zu Widerstand gegen ein Heim für Asylbewerber aufgerufen. Über die Auseinandersetzung wurde landesweit in den Medien berichtet. Mehrere Wochen lang, besonders nach dem Brandanschlag bei dem drei Asylanten schwer verletzt wurden. Als Karski die Tat anschließend noch in den sozialen Netzwerken pries, haben wir ihn auch verhört, konnten ihm aber keine Beteiligung nachweisen“.

 

Wurde der Brandanschlag denn mittlerweile aufgeklärt?“.

 

Bis jetzt nicht“, antwortete Herbst. „Aber das Asylantenheim wird seitdem rund um die Uhr bewacht. Es hat auch keinerlei weitere Vorkommnisse gegeben. Selbst die Proteste sind seit dem Unglücksfall verstummt. Von den Meinungsäußerungen im Internet abgesehen natürlich“.

 

Wie haben sie die Leiche gefunden?“, fragte Faber.

 

Wenn diese beiden Journalisten hier nicht aufgetaucht wären, würde sie wohl noch immer in der Datsche liegen. Die beiden sind heute Morgen auf der Wache erschienen und haben dem Wachhabenden von ihrem Verdacht berichtet. Er wollte ihnen zunächst nicht glauben, dachte das wären zwei Spinner, die angeben wollten. Erst als sie ihm dann ein Video auf ihrem Computer gezeigt haben, hat er einen Streifenwagen zur Kolonie geschickt. Die Kollegen haben zuerst die Datsche gefunden, einen verdächtigen Geruch wahrgenommen, sind eingedrungen und haben die Leiche entdeckt.“

 

Er erwähnte nicht, dass auch die Journalisten noch am Tatort gewesen waren. Im Artikel waren genügend Aufnahmen vorhanden, die die Journalisten und Polizeibeamte vor der Gartenlaube zeigten und dokumentierten, wie nah die Reporter dran waren. Aber das war im Moment ohne Belang und würde es auch bleiben, sofern die Spurenanalyse dadurch nicht beeinträchtigt würde.

 

War Karski regelmäßig in seinem Schrebergarten?“, fragte Faber.

 

Das wissen wir noch nicht. Dort stand allerdings ein Aquarium mit Fischen. Die lebten noch. Er müsste also zumindest regelmäßig zum Fische füttern dort gewesen sein. Mehr können uns aber vielleicht seine Freunde erzählen. Ich lasse sie gerade einsammeln. Sobald sie eingetroffen sind, fangen wir mit den Befragungen an. Deshalb sind auch noch so viele Kollegen hier, damit wir sie parallel abfertigen können. Wenn sie dabei sein wollen, bitte, fühlen sie sich eingeladen“.

 

Ja gerne“, antwortete Faber. Es sollte eine lange Nacht werden.