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Fatebug - Tödliches Netzwerk 98

 

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Die Telefonkonferenz am Sonntagvormittag war deutlich größer geworden als am Freitag geplant. Neben Ermittlern der Fahndungsgruppe von LKA und BKA, wobei Hauptkommissar Faber noch von Dresden aus mit telefonierte, wurden auch die, die jeweiligen Ermittlungen an den Tatorten leitenden Hauptkommissare zugeschaltet. Zusammen mit den Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf waren also über 10 Personen in der Leitung.

 

Hauptkommissar Faber hatte die Kollegen auf den Stand der Ermittlungen in Dresden und Bischofswerda gebracht. Trotz der zahlreichen nächtlichen Vernehmungen gab es keine konkreten Anhaltspunkte. Die Kumpane von Karski waren zwar keine Unschuldslämmer, kamen als Täter wohl aber nicht infrage. Die Kripo Dresden würde ihr Augenmerk auf das Umfeld des seinerzeit angezündeten Asylantenheimes konzentrieren. Der pathologische Bericht hatte mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ergeben, dass der Mord auf das Konto von Fatebug ging. Die Spurensicherung hatte ebenfalls nichts gefunden, was Hoffnung auf einen schnellen Fahndungserfolg machen konnte.

 

Auch der anschließende Bericht von Kommissar Marten über die Bemühungen der Sonderkommission von BKA und LKA war kurz. Die einzige gute Nachricht war, dass es offenbar keine neuen Übergriffe gab, die dem Kreuzzug von Fatebug zuzurechnen waren.

 

Zwar hatten die Spezialisten mittlerweile herausbekommen, über welche IP-Adresse die Filme per E-Mail an die Journalisten und weitere Personen versandt wurden, jedoch hatte die Spur sie zu einem Cafe´ in Bielefeld geführt. Das Cafe´ hatte keine installierten Kameras und auch in den Straßen der unmittelbaren Umgebung gab es keine Kameras. An auffällige Gäste konnte sich die Bedienung nicht erinnern, ihr war kein Gast aufgefallen, der zur besagten Zeit mit einem Computer oder Tablet im Cafe´ gearbeitet hatte.

 

Selbst die Fatelogseite von Faithback war noch online. Trotz Intervention von Frau Dr. Förster auf informellen Wegen. Sie hatte noch am gestrigen Abend mit Frau Barwinski telefoniert. Eigentlich, so hatte sie gehofft, wäre die neue Lage Motivation genug für Fatelog den Account möglichst umgehend zu sperren, aber noch war er offen. Entweder Frau Barwinski schätzte die Lage anders ein oder ihr Arm reichte nicht weit genug, um etwas bewirken zu können.

 

Aber eigentlich war es egal. Die Videos kursierten im Internet, in der Zeitung konnten die Bürger alles lesen, was sie auch wussten. Lediglich die immer noch anwachsende Zahl von Likes, die sich mittlerweile der 75.000 näherte, war ein wesentliches Argument für ein baldiges Löschen der Fatelogseite.

 

Als sich nach all den Berichten, ein durch Ratlosigkeit kennzeichnendes Schweigen auszubreiten begann, überraschte Hauptkommissar Strecker die Teilnehmer mit einer These.

 

Ich finde, der Mord in Dresden wird uns in unseren Ermittlungen ein gutes Stück weiter bringen“.

 

Strecker bedauerte in diesem Moment, dass er nur telefonisch zugeschaltet war. Zu gern hätte er die Wirkung seiner Worte in den Gesichtern seiner Kollegen gesehen. Verblüffung oder Gelassenheit. Die Offenbarung, wer für den Job taugte und wer nicht. Denn was er ihnen jetzt zu erzählen hatte, sollte keine Überraschung darstellen. Jedenfalls nicht für die ,die ihren Job beherrschten.

 

Wir werden schon bald eine Menge unserer Verdächtigen ausschließen können. Sobald die Gerichtsmediziner in Dresden den Tatzeitpunkt festgestellt haben, überprüfen wir die Alibis unserer derzeitigen Verdächtigen. Das wird zwar noch eine Menge Arbeit, aber danach können wir sie streichen. Und wir können die Zeit vor und nach der Tat sogar recht großzügig bemessen. Von allen Tatorten braucht man sicher einen halben Tag bis Dresden. Natürlich müssen wir auch die Passagierlisten der infrage kommenden Flüge checken. Gehen wir davon aus, dass der Täter auch für die Tat selbst einige Stunden gebraucht hat, kommen wir locker auf ein Zeitfenster von einem ganzen Tag oder länger. Alle, die für diese Zeit ein Alibi haben, wobei wenige Augenblicke in diesem Zeitfenster weit genug weg von Dresden reichen, sind raus.“

 

Das anschließende Gemurmel signalisierte ihm, dass zumindest einige der Teilnehmer überrascht gewesen sein sollten.

 

Das übernehmen die lokalen Ermittlungsgruppen. Wir machen Druck auf die Pathologie hier in Dresden und informieren die Kollegen dann sofort. Je eher wir mit der Prüfung der Alibis anfangen, desto besser“, sagte Hauptkommissar Faber.