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Fatebug - Tödliches Netzwerk 63

 

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Damit wir die Arbeit der Sonderkommission nicht unnötig gefährden, habe ich Hauptkommissar Faber gebeten, an unserem Telefonat teilzunehmen. Ich hoffe, dies ist auch in ihrem Sinne“, eröffnete der Staatssekretär die Telefonkonferenz. „Wir müssen uns darüber abstimmen, welche Informationen wir auf der morgigen Pressekonferenz preisgeben. Ich möchte nicht verhehlen, dass es in dieser Angelegenheit auch politische Interessen gibt. Wie sie sicher wissen, ist die Bundesregierung schon länger mit dem Verhalten der Konzerne, die die Basis für die sozialen Netzwerke bereitstellen, unzufrieden. Es hat Gespräche und auch Verabredungen gegeben, jedoch hat sich die Situation, zumindest ist das die Meinung in unserem Ministerium und auch die der Bundesregierung, nicht hinreichend verbessert. Und ich denke, wir können auch im konkreten Fall mit der Kooperation von Fatelog alles andere als zufrieden sein“.

 

Wir haben eigentlich gar keinen großen Spielraum mehr“, sagte Oberstaatsanwältin Dr. Förster. „Wir müssen davon ausgehen, dass nach der Veröffentlichung des Videos am heutigen Vormittag die Medien die Umstände kennen. Wenn herauskommt, dass es Warnungen an die späteren Opfer gegeben hat und wir nicht alles unternommen haben, um die Opfer zu warnen, wird es unvermeidlich zu Schulddiskussionen kommen. Und wenn es die Ermittlungen nicht unmittelbar gefährdet, sehe ich auch keine Veranlassung, dies weiter zurückzuhalten. Wir können froh sein, dass es noch kein weiteres Opfer gibt. Außerdem gibt es nach den bisherigen Erfahrungen auch keinen Grund, auf Fatelog Rücksicht zu nehmen“.

 

Wenn wir endlich die Antworten auf unsere Anfragen bekommen, wäre das für die Ermittlungen sicher hilfreich. Eine Gefährdung der Ermittlungen durch zu viele Informationen sehe ich nicht. Aber wir müssen natürlich mit Trittbrettfahrern und Falschmeldungen rechnen. Letztere lassen sich wahrscheinlich erfahrungsgemäß schnell identifizieren, erzeugen aber eine Menge zusätzliche Arbeit. Und machen wir uns nichts vor. Die Presse hat doch schon alle Puzzleteile. Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis irgendjemand sie zusammengesetzt hat“, sagte Hauptkommissar Faber.

 

Wir sind uns folglich einig, dass wir die Medien über die Warnungen durch die Fatebug-Posts informieren. Wir sollten aber auch deutlich machen, dass wir bereits alles erdenkliche unternommen haben, um an die für den Schutz potentiell weiterer Opfer notwendigen Daten zu kommen. Und was sie genau unternommen haben, sollten sie ausführlich schildern. Und auch, dass wir mit Rücksicht auf die Ermittlungen bisher schweigen mussten und bisher ja auch nichts passiert ist. Damit weder Raum für Fragen noch für Zweifel bleibt“, resümierte der Staatssekretär. „Hauptkommissar Faber“, fuhr er fort. „Geben sie uns zum Abschluss noch einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Ermittlungen“.

 

Gerne“, begann der Hauptkommissar. „Leider gibt es gar nicht so viel zu sagen. Wir sprechen gerade zum wiederholten Mal mit Personen aus dem Umfeld der Opfer und der Tat- bzw. Fundorte. Jetzt fragen wir gezielt nach einem bestimmten Fahrzeug. Zudem sichten wir Videos von öffentlichen oder privaten Überwachungskameras aus dem Umfeld der Tatorte. Ob uns das zu einem Durchbruch verhilft, wissen wir noch nicht. Es macht uns aber definitiv viel Arbeit. Letzteres gilt auch für die Bemühungen, uns dem Täter über das Motiv zu nähern. Wir gehen ja davon aus, dass es in seinem Umfeld selbst zu irgendwelche durch Fatelogposts verursachten Tragödien gegeben hat. Aber da kommen tausende von Ereignissen infrage, mit einer noch viel größeren Zahl von Personen, die dadurch ein Motiv bekommen könnten. Die Onlineaktivitäten des Täters haben uns noch nicht weiter gebracht. Er benutzt nur öffentlich verfügbare Zugänge. Kennt sich technisch aus. Macht keine Fehler. Deshalb ist auch unsere Hoffnung gering, dass wir ihm durch die Accountdaten näher kommen. Aber sicher hätten sie uns helfen können, weitere potentielle Opfer zu finden“.

 

Der Staatssekretär konnte mit dem Verlauf der Besprechung sehr zufrieden sein. Eine Meinung, die auch sein Minister teilte. Dieser war sich sicher, dass dies auch seinen Kollege vom Justizministerium und die übrigen Kabinettsmitglieder so sehen würden.