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Fatebug - Tödliches Netzwerk 64

 

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Sollten sie am Vortag noch Hoffnung gehabt haben, ihre Lage durch die Pressekonferenz zu verbessern, war die Illusion spätestens mit dem Erscheinen der Morgenzeitungen vorbei. Bereits am Vorabend waren die Morde und die Videos eines der Hauptthemen in Fernseh- und Rundfunksendungen. Auch Nachrichtenseiten und Blogs im Internet glühten nur so wegen dieses Themas. Das hätten sie zwar gerne vermieden, aber überraschenderweise hielten sich die Reporter mit ihren Spekulationen zurück. Ob aus Vorsicht oder aus Unwissenheit war ihnen gleichgültig, aber recht. Die Taten wurden ausführlich und als abscheulich beschrieben, der Täter wurde wieder mit allerlei Namen bedacht, doch schien es, als hätten die Autoren ihre Kreativität schon in der letzten Runde verbraucht. Von Monster bis Ripper, alles war schon da gewesen. Doch kein Reporter, kein Autor benutzte das Wort Rächer oder ähnliches. Das machte sie zuversichtlich.

 

Doch das war früh vorbei. Schlaftrunken und irritiert blickte die Oberstaatsanwältin auf die Leuchtziffern ihres Weckers. Ein Geräusch hatte sie geweckt. Es dauerte eine Weile bis sie registrierte, dass es das Klingeln ihres Handys war. Es war erst kurz nach 6:00 Uhr. Das verhieß nichts Gutes. Widerwillig streckte sie ihre Hand nach dem Telefon aus und nahm das Gespräch an. Die Informationen, die ihr Hauptkommissar Faber übermittelte, machten sie schlagartig wach. Sie sprang aus dem Bett, eilte in ihr Arbeitszimmer, klappte ihren Laptop auf und aktivierte ihr Mailprogramm. Die Nachricht von Faber war die neueste, ganz oben.

 

Ungeduldig öffnete sie die Nachricht. Sie enthielt keinen Text, nur einen Link, den sie sofort aktivierte. Er führte sie auf die Onlineseite des Rheinischen Anzeigers. Und spätestens jetzt war sie hellwach.

 

Die Rache ist mein; ich will vergelten“ prangte in dicken Lettern auf dem Bildschirm. Direkt darunter, etwas kleiner aber nicht weniger beunruhigend stand die Frage „Wer ist das nächste Opfer des Fatelog-Killers?“ gefolgt von dem kurzen Text. „Offenbar ist Hass das Motiv des Videokillers. Er warnte seine Opfer sogar durch Kommentare. Unsere Reporter haben das Geheimnis gelüftet. Die Polizei hat offenbar noch keine heiße Spur“.

 

Damit endete die als Aufreißer platzierte Meldung, jedoch nicht ohne einen Link auf eine Folgeseite, auf der weitere Informationen standen. Sie berichteten von den Hass Postings der Opfer, den Warnungen von Fatebug an die Kölner und Bonner Opfer und stellten die berechtigte Frage, ob weitere Nutzer ähnliche Warnungen bekommen hatten. Alle anderen geschilderten Fakten und Schlussfolgerungen waren korrekt. Die Redaktion hatte saubere Arbeit geleistet. Der Autor war ein gewisser Detlef Schmittke.

 

Da können wir uns auf einiges gefasst machen“, sagte sie in das Handy. Sie hatte das Gerät zwar auf dem Tisch abgelegt, jedoch hatten weder sie noch Faber die Verbindung unterbrochen. Sie blickte noch einmal kurz auf die Uhr, erst 6:15 Uhr.

 

Ich bin um 8:00 Uhr in Meckenheim. Alarmieren sie bitte Strecker, Warnecke und ihren Chef. Ich informiere Frau Dr. Meinhoff und rufe den Staatssekretär an.“

 

Die Anrufe erledigte sie während der Fahrt nach Meckenheim. Frau Meinhoff wollte daraufhin, satt zuerst nach Köln, direkt nach Meckenheim kommen, beim Staatssekretär landete sie nur auf der Mailbox, wo sie eine Nachricht hinterließ.