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Fatebug - Tödliches Netzwerk 70

 

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Was sagen denn unsere Kollegen in Irland und den USA?“, fragte Frau Barwinski den Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Fatelog. „Immerhin scheint es ihnen ja gelungen zu sein, unsere Strategen davon zu überzeugen, dass wir hier dringenden Handlungsbedarf haben. Die betreffenden Accounts sind ja offensichtlich mittlerweile gesperrt. Aber was ist mit der Liste der laut Polizei gefährdeten Personen?“.

 

Das scheint deutlich schwieriger zu werden“, antwortete Dr. Gassmann. „Die Beantwortung einer derartigen Anfrage ist im Standardprozedere nicht vorgesehen. Einen Vorgang, einen üblichen Vorgang kann die Europazentrale offenbar beschleunigen. Aber eine Erweiterung des Standardverfahrens, das ist ein anderes Kaliber. Einerseits ist das technisch offenbar gar nicht so einfach, jedenfalls müsste man wohl noch einiges dafür tun. Es würde also zumindest noch ein paar Tage dauern. Was aber viel entscheidender ist, ist die Gefahr damit einen Präzedenzfall zu schaffen. Daten von Nutzern an Behörden zu verraten. Ausländische Behörden. McFarlane will das mit dem amerikanischen Management besprechen. Viel Hoffnung hat er mir aber nicht gemacht. Allein das Thema in absehbarer Zeit auf die Tagesordnung zu bekommen, wird schon schwierig genug. Und die Amerikaner von der Brisanz der Angelegenheit zu überzeugen wird dann noch einen Tick schwieriger.“

 

Haben Sie McFarlane klar gemacht, was die Medien aktuell über unser Unternehmen verbreiten. Haben Sie ihm den Konflikt aufgezeigt, in dem wir unsere Nutzer lassen?“, setzte die Lobbyistin nach.

 

Soweit ich McFarlane verstanden habe, sieht er das gar nicht so ungern. Wir vertreten den Behörden gegenüber ja immer den Standpunkt, dass wir zwar eine Plattform anbieten. Die Verantwortung für die veröffentlichten Inhalte liegt aber bei den Nutzern. Und dazu gehört selbstverständlich auch das Tragen von Konsequenzen. Insofern handeln wir nur konsequent. Das müssen auch die betroffenen Nutzer akzeptieren. Und an die nicht Betroffenen ist das eine starke Botschaft. Eure Daten sind bei uns sicher. Haben Sie noch Zweifel, wie die Antwort auf die Anfrage aussehen wird?“, fragte Gassmann rhetorisch nach.

 

Das heißt, wir warten ab und hoffen, dass es keine weiteren Opfer gibt?“, entgegnete Frau Barwinski.

 

Nein natürlich nicht nur. Wir werden natürlich jede Gelegenheit nutzen, den Medien zu erklären, dass wir unsere Nutzer auffordern, verantwortungsvoll mit der Plattform umzugehen. Mit Respekt vor den Mitmenschen und den Gesetzen. Und dazu werden wir reichlich Gelegenheit haben. Deshalb müssen wir jetzt auch Schluss machen. Ich habe gleich einen Interviewtermin mit einem Team eines Privatsenders. Und dann mache ich mich auf den Weg nach Berlin. Wir telefonieren dann noch mal vor unserem gemeinsamen Termin im Innenministerium. Sicherheitshalber. Unsere Argumentation haben wir ja soeben besprochen. Und was unseren Umgang mit dem Thema Verantwortung angeht, können wir ja gleich auf das Interview verweisen. Das ist zwar dann noch nicht gesendet, aber spätestens heute Abend wird es sicher ausgestrahlt. Und etwas Geduld werden sie in der Regierung ja noch aufbringen.“