· 

Fatebug - Tödliches Netzwerk 85

 

85.

 

 

 

Kommissar Bauer parkte ihren Dienstwagen vor dem Yoga-Center. Als sie auf den Empfangstresen im Foyer zusteuerten und ihre Dienstausweise in die Höhe hielten, zeigte die junge Dame gleich auf die Tür neben dem Tresen und sagte: „Gehen sie durch. Ich melde sie bei Frau Scholz an“. Dann griff sie zum Telefon.

 

Der Besuch von Hauptkommissar Strecker hat Eindruck hinterlassen“, dachte sich Kommissar Bauer.

 

Nur wenige Augenblicke später saßen sie der Leiterin des Yoga-Zentrums in deren Büro gegenüber.

 

Meine Herren, was kann ich denn noch für sie tun?“, fragte sie ihre Besucher.

 

Wir haben noch einige Fragen. Und hoffen, dass sie noch einige Antworten für uns haben“, antwortete der Kommissar.

 

Dann fragen sie. Ich habe heute Abend noch einen Termin. Und möchte nicht zu spät kommen“, sagte sie mit einem leicht vorwurfsvollen Blick auf ihre Armbanduhr.

 

War die damalige Freundin von Frau Schuster Heidi Lamprecht, sie wissen schon, die Lehrerin, die sich das Leben genommen hat, je hier?“, fragte Hauptkommissar Warnecke.

 

Ja, sie waren ein paarmal zusammen hier. Drei oder vier Mal habe ich sie gesehen. Es kann natürlich sein, dass sie noch öfters hier war. Wir können gleich am Empfang nachfragen, ob weitere Besuche registriert wurden. Aber die jungen Damen, alles Studentinnen, nehmen es nicht immer ganz genau. Meistens schreiben sie die Namen auf, manchmal aber auch nicht“.

 

Wussten sie und ihre Angestellten, dass die beiden eine intime Beziehung hatten?“, fragte der Hauptkommissar nach.

 

Manche ja, manche nein“, war die Antwort. „Sie haben das nicht raus hängen lassen. Keine Zärtlichkeiten. Aber auch nicht explizit versteckt. Leichte Berührungen, wenig Abstand. Wenn man die Zeichen zu deuten wusste, konnte man es erkennen. Ansonsten eben nicht“.

 

Und wie war die Reaktion ihrer Angestellten und Kundinnen, nachdem Frau Schuster die Beziehung öffentlich gemacht hatte?“.

 

Auch hier habe ich leider keine einfache, eindeutige Antwort für sie. Viele waren empört, haben Frau Schuster sogar angegriffen“. „Verbal“, präzisierte sie, nachdem sie die überraschten Gesichter ihrer Besucher gesehen hatte. „Andere fanden das gut. Haben sie bestärkt, ihr gratuliert.“

 

Und sie?“, fragte Kommissar Bauer.

 

Mir war das egal. Nein, ich fand eher, das hätte sie nicht tun dürfen. Eigentlich wollte ich ihr das auch sagen. Aber dann habe ich es doch sein lassen. Ich wollte keinen Ärger riskieren oder ehrlich gesagt, kein Geschäft verlieren. Frau Schuster hatte einige Freundinnen hier. Viele davon ebenfalls lesbisch. Und geändert hätte das ja nichts mehr. Die Katze war ja aus dem Sack.“

 

Was hielten sie von Frau Schuster als Künstlerin?“, fragte Warnecke.

 

Nichts. Aber ich bin keine Expertin. Manches gefällt mir, manches nicht. Die Arbeiten von Frau Schuster haben mir nicht gefallen. Sie hat mir vor einiger Zeit einige Fotos von ihren Gemälden gezeigt. Wollte mir einreden, dass sie sich im Foyer gut machen würden. Sie wollte mir wohl einige davon verkaufen. Ich habe ihr Angebot aber abgelehnt. Das aber diplomatisch formuliert. Natürlich auch aus Rücksicht auf das Geschäft. Wenn sie sonst keine Fragen haben, würde ich mich jetzt gerne auf den Heimweg machen. Wie ich Ihnen schon sagte. Ich habe noch einen Termin.“

 

Sie hatte sich nicht nur wegen der fortgeschrittenen Uhrzeit dazu entschlossen diesen Versuch zu unternehmen die Befragung zügig zu beenden. Entscheidender war ihr Eindruck, dass die Beamten ihr nur die Zeit stahlen. Sie hatte keine Ahnung, worauf die Fragen denn eigentlich abzielten, wie ihre Antworten die Ermittler weiter bringen sollten. Das war Zeitverschwendung.

 

Gut, aber halten sie sich zur Verfügung“, sagte Hauptkommissar Warnecke.

 

Ich bin jeden Tag hier. Auch am Wochenende. Und wenn ich mal nicht hier sein sollte, weiß die Dame am Empfang wie sie mich erreichen können. Ich bin Geschäftsfrau. Und einen Urlaub habe ich derzeit nicht geplant“

 

Zeitverschwendung“, dachte sich auch Kommissar Bauer. Sie hatten im Nebel gestochert und nichts gefunden. Wenigstens schien sein Chef seine Frustration zu teilen und verzichtete auf einen Besuch im Frauenmuseum.