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Fatebug - Tödliches Netzwerk 87

 

87.

 

 

 

Weiter zu fahren war eigentlich mehr als gefährlich. Wahrscheinlich war es nur das Adrenalin, was ihn überhaupt noch wach hielt. Erst hatte er noch ein bis zwei Stunden schlafen wollen. Dann war es ihm zu gefährlich erschienen. Was, wenn er im Schlaf Speichel absonderte. Wahrscheinlich konnte man daraus DNA sicherstellen. Aber dann hatte sich der Plan irgendwie von selbst erledigt. Er hatte sowieso nicht schlafen können. Das Adrenalin.

 

Dabei hatte alles perfekt funktioniert. Er war gegen 18:30 Uhr am Ziel eingetroffen, fand nur wenige Meter von ihrem Ferienhaus entfernt einen Parkplatz. Sofort holte er einen Lappen und ein Glasfläschchen aus der auf dem Beifahrersitz deponierten Reisetasche. Umziehen brauchte er sich nicht. Den Overall hatte er schon kurz nach der Übernahme des Fahrzeugs angezogen und seine normale Kleidung darüber angezogen. Frisch gewaschene Klamotten, der Spuren wegen. Die getragene Kluft hatte er gleich in einem Sammelcontainer für Textilien entsorgt.

 

Er stieg sofort aus, ging zielstrebig zum Hauseingang und betätigte die Klingel. Sein Herz begann zu rasen. Er wusste, dass dies ein kritischer Moment war. Er musste auf sein Glück vertrauen. Es durfte niemand auf der Straße vorbeikommen. Nicht im Auto, nicht zu Fuß. Deshalb hatte er sich so beeilt und war direkt zum Haus gegangen. Jetzt war niemand zu sehen, wer weiß, ob es eine weitere Chance geben würde. Und nochmals müsste er Glück haben, sie musste allein sein.

 

Er tränkte den Lappen, hielt die Luft an. Als sie arglos die Tür öffnete, drang er sofort ein und hielt ihr den Lappen vor das Gesicht. Sein Opfer war viel zu überrascht, um sich groß wehren zu können. Noch bevor sie schlaff in seinen Armen zusammen sank, hatte er noch kurz den Blick durch das Zimmer schleifen lassen. Es war niemand zu sehen. Er schloss die Haustür mit der Hacke seines linken Fußes und legte die bewusstlose Frau auf dem Fußboden ab. Die Fensterläden waren geschlossen, das hatte er schon von draußen registriert. Bevor er sich ans Werk machte, durchsuchte er noch das Haus. Er musste sich zuerst davon überzeugen, dass sie wirklich allein waren. Die Durchsuchung stellte ihn sehr zufrieden. Er war allein. Und er hatte einen geeigneten Tisch gefunden, würde bequem arbeiten können.

 

Der Rest war Routine. Die Werkzeuge aus dem Wagen holen, die Kleidung ausziehen. Auch hier war der Spätherbst von Vorteil. Er konnte bequem einen Parka über der Schutzkleidung tragen. Die Kapuze des Parkas hatte die Kapuze des Schutzanzugs völlig überdeckt. Auch den Parka würde er in die Verwertung für nicht mehr gebrauchte Textilien geben.

 

Der Aufbau der Kamera und die Vorbereitung der Werkzeuge dauerte keine fünf Minuten. Dann schleifte er die bewusstlose Frau zum Tisch, wuchtete sie hinauf, fixierte sie und legte los.

 

Fast hatte vergessen die Kamera einzuschalten.

 

Er arbeitete konzentriert und zügig. Schaute erst auf die Uhr, als er fertig war. 20:17 Uhr. Unglaublich. Und alles makellos. Sie war noch nicht aus der Narkose erwacht.

 

Es war noch vor 21:00 Uhr als er das Ortsschild passierte. Er hatte niemanden gesehen. Niemand hatte ihn gesehen. Es war Nebensaison in Bad Hindelang.