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Fatebug - Tödliches Netzwerk 95

 

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Staatssekretär Schneider war ziemlich verärgert, als sein Handy am frühen Samstagabend klingelte. Er hatte auf einen ruhigen, privaten Abend gehofft, war mit seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar zu einem gemeinsamen Abendessen in einem guten, sehr guten Berliner Restaurant zum Essen verabredet. Die Freunde waren zu Besuch in Berlin, sie hatten sie lange nicht gesehen, sich auf den gemeinsamen Abend gefreut. Es war gar nicht so einfach gewesen, einen Tisch für den Samstagabend in dem angesagten Restaurant zu bekommen. Er hatte schon die Staatssekretärskarte spielen müssen. Doch seine Verärgerung über die Störung war nichts gegen die Laune, die sich während des Telefonats entwickelte.

 

Es war kurz vor dem Eintreffen im Restaurant, hatten nur noch wenige Meter zu fahren, als ihn der Anruf der Oberstaatsanwältin erreichte. Seine Frau blickte ihn kurz zornig an, wusste sie doch, was da kommen würde. Da konnten auch seine beschwichtigenden Blicke und Gesten nicht helfen. Zu oft hatte sich sein erstes, reflexhaftes Signal als Fehleinschätzung erwiesen.

 

Frau Dr. Förster“, begann er das Gespräch und versuchte mit einer launigen Bemerkung die Stimmung im Wagen etwas zu verbessern. „Was gibt es so Wichtiges, dass sie es wagen, meine Frau und mich um einen gemütlichen Abend zu bringen?“.

 

Es tut mir leid, aber es gibt Entwicklungen, die sie kennen sollten“, klang die Stimme der Oberstaatsanwältin aus der Freisprechanlage.

 

Ist es ihnen endlich gelungen diesen Fatebug zu fassen?“, fragte der Staatssekretär hoffnungsfroh.

 

Leider nein. Eher das Gegenteil“, war die Antwort. „Wir haben ein weiteres Opfer gefunden. Und nicht nur das. Ich habe ihnen gerade eine Mail weiter geleitet, die ich vom Ermittlungsteam des BKA und LKA bekommen habe. Sehen Sie sich diese bitte möglichst umgehend an. Wenn sie darüber sprechen wollen, meine Nummer haben sie. Bis gleich. Und entschuldigen sie die Störung.“

 

Schneider fuhr rechts an den Straßenrand, hielt in zweiter Reihe, schaltete die Warnblinkanlage ein und griff nach seinem Smartphone. Mit vor Spannung zitternden Fingern öffnete er, unter den neugierigen Blicken seiner Frau, die Mail.

 

Niemand sagte etwas. Staatssekretär Schneider blickte konzentriert auf das Display, seine Frau angespannt auf ihren Mann.

 

Er ruft zum Aufruhr auf“, sagte er schließlich. „Fatebug hat einen Aufruf veröffentlicht, indem er andere aufruft, es ihm gleich zu tun. Menschen, die andere auf Fatelog angreifen, selbst anzugreifen. Mit Gewalt.“

 

Sie waren zu lange zusammen, er war zu lange in der Politik, als dass seine Frau nicht gewusst hätte, was das zu bedeuten hatte.

 

Ich setzte dich vor dem Restaurant ab“, sagte er. „Bitte entschuldige mich bei Karin und Frank. Ich werde versuchen, später nachzukommen, aber wartet nicht auf mich. Nimm Dir ein Taxi, falls ich es nicht schaffe.“

 

Nicht mal einer Entschuldigung brauchte es nach so vielen Jahren noch.

 

Nachdem seine Frau ausgestiegen war, immerhin hatte er den Wagen abgestellt, war ausgestiegen, hatte ihr die Tür geöffnet und sie mit einem Küsschen verabschiedet, reihte er sich wieder in den Verkehr ein und rief die Oberstaatsanwältin an.

 

Sie werden den Minister anrufen müssen“, empfahl sie ihm gleich zu Anfang.

 

Sein barsches „Weiß ich selbst“, war nicht dazu angetan die Atmosphäre zu verbessern. „Und was soll ich ihm sagen? Außer ihn über die Katastrophe zu informieren?“.

 

Ist es denn eine Katastrophe?“, fragte Dr. Förster zurück. „Ist es nicht vielmehr eine gute Verhandlungsposition?“.

 

Sie war wirklich abgebrüht. Sie würde Karriere machen. Er würde aufpassen müssen“, dachte sich der Staatssekretär.

 

Eigentlich wollte ich mich nur bei Ihnen bedanken und sie bitten mich weiter auf dem Laufenden zu halten. Ich werde den Minister gleich informieren“, versuchte Schneider das Gespräch geordnet zu beenden.

 

Ich habe morgen vormittags eine Telefonkonferenz mit den Ermittlern. Danach melde ich mich bei Ihnen. So gegen Mittag“.

 

Danke. Ich wünsche Ihnen trotz allem noch einen schönen Abend“. Dann legte er auf und wählte die Nummer des Innenministers.