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Fatebug - Tödliches Netzwerk 104

 

104.

 

 

 

Es dämmerte schon, als Hauptkommissar Faber den Flughafen in München verließ und in den bereitstehenden Streifenwagen stieg, der ihn in das Münchner Polizeipräsidium bringen sollte. Dort war er mit den Kollegen Karst und Rostach verabredet. Birgit Rostach war Hauptkommissarin beim Landeskriminalamt Bayern, der Kollege Karst im gleichen Rang für die Kripo München tätig. Beide hatten sich am Nachmittag den Tatort angesehen und waren derzeit ebenfalls mit dem Wagen unterwegs nach München, kamen allerdings von Westen, während Faber selbst aus nordöstlicher Richtung nach München chauffiert wurde. Das Präsidium lag in der Ettstraße, im Herzen Münchens, unweit des Marienplatzes. Daher dauerte seine Anfahrt länger, als ihm lieb war. Doch er konnte die Zeit gut nutzen. Unmittelbar nach dem Einsteigen hatte er begonnen, die Nachrichten auf seinem Smartphone abzuarbeiten, so dass er über den Stand der Ermittlungen der Kollegen in Meckenheim bereits gut informiert war. Die Details über den neuen Fall würde er gleich von den bayerischen Kollegen bekommen.

 

Obwohl die Fahrt schleppend langsam verlief, war er vor den bayerischen Kollegen im Präsidium.

 

Die Wartezeit im Besprechungsraum nutzte Faber für einen privaten Anruf bei seiner Frau und als die Kollegen nach dem Gespräch immer noch nicht da waren, für einen weiteren Anruf im LKA.

 

Wir haben jetzt auch den wahrscheinlichen Grund für ihre Ermordung gefunden“, eröffnete ihm Kommissar Marten.

 

Frau Schober hatte vor einiger Zeit zwei Frauen der Prostitution bezichtigt. Offenbar in voller Absicht, weil sie sie aus deren Wohnung haben wollte. Der ganze Vorgang zog sich über Wochen hin und endete schließlich mit dem Selbstmord einer der beiden Frauen. Das Ganze war absolut abscheulich, weil sie es mit kaltem Kalkül gemacht hat. Nicht aus Wut, Hass oder Dummheit, sondern aus rein geschäftlichem Interesse. Weil ihre Firma der Eigentümerin versprochen hatte, die Wohnung besser vermieten zu können. Und da waren die beiden Mieterinnen im Weg. Und als diese nicht ausziehen wollten, begann der Psychoterror. Die beiden Frauen wurden von den restlichen Mietern regelrecht gemobbt, angespuckt, ihre Besucher angepöbelt. Die Polizei war wegen einer Vielzahl von Anzeigen quasi Dauergast in dem Haus. Ruhe, wenn man das so sagen darf, ist erst eingekehrt, nachdem eine der beiden Frauen tot war“.

 

Hat man damals nichts gegen die Maklerin unternommen?“, fragte Faber.

 

Man konnte ihr nichts nachweisen. Offenbar hat sie es geschickt angefangen. Ein sogenannter anonymer Freier hat durch einen Post den Stein ins Rollen gebracht. Frau Schober hat dann geschäftsmäßig Stellung bezogen und sachlich darüber informiert, dass ihr Büro so etwas nicht duldet und dem nachgeht. Und dabei dafür gesorgt, dass die Bewohner des Hauses und der Nachbarschaft die Meldungen auch gelesen haben. Den Rest haben dann die lieben Nachbarn erledigt. Das Ganze wäre nie aufgefallen, wenn es nicht in einem anderen Fall, ebenfalls in einer von Frau Schober betreuten Anlage, ein vergleichbares Vorgehen gegeben hätte. Das ging dann auch durch die Presse, hat Frau Schober auch mächtig zugesetzt, aber letztlich hatte sie sogar Erfolg. In beiden Fällen wurden die Wohnungen frei. Die zweite Mieterin gab nach dem Tod ihrer Mitbewohnerin die Wohnung auf. Anhaben konnte man der Maklerin nichts.“

 

Danke, die Münchner Kollegen kommen gerade. Ich melde mich wieder. Tschüss“, sagte Faber und beendete das Gespräch.

 

Die Beamten machten sich miteinander bekannt und setzen sich an den Tisch. Hauptkommissar Karst informierte Faber über die Erkenntnisse des Besuchs in Bad Hindelang. Viel Neues erfuhr der BKA-Beamte nicht. Das Frau Schober dort ein Ferienhaus besaß, dass sie fast jedes Wochenende dort verbrachte, dass sie fast immer allein blieb, nur selten raus ging, nahezu nicht am Dorfleben teilnahm, in der Regel höchsten beim Einkaufen angetroffen wurde. „Fast wie eine Eremitin“ hatte der Nachbar sie in der Befragung charakterisiert. Wenn sie mit den Einwohner Kontakt hatte, war sie freundlich, aber reserviert. Was sie jedes Wochenende nach Bad Hindelang zog und was sie dort trieb, konnten die Befragten nicht sagen. Hin und wieder wurde sie bei Spaziergängen gesichtet, aber nicht häufig genug, um damit ihren wiederholten Aufenthalt zu begründen. Einige der Befragten gaben an, am Freitagabend ein unbekanntes Fahrzeug in der Nähe des Ferienhauses gesehen zu haben, die Angaben über Art, Typ und Farbe wichen in den Beschreibungen allerdings stark voneinander ab. An das Kennzeichen konnte sich niemand erinnern, sie changierten von A wie Augsburg bis U für Ulm, waren also eher Spekulationen, als das Resultat von Beobachtungen.

 

Das Opfer wurde offenbar genauso zugerichtet gefunden, wie die früheren Opfer, zudem wurde ein Ausdruck mit dem aus dem Internet bekannten Symbol des Täters gefunden. Die gefundenen Gegenstände würden erkennungsdienstlich untersucht, erste Ergebnisse sollten bald vorliegen, die Hoffnung auf hilfreiche Erkenntnisse war aufgrund der bisherigen Erfahrungen begrenzt. Man war derzeit auch dabei, die damalige Mitbewohnerin der Frau, die Selbstmord begangen hatte, zu suchen.