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Fatebug - Tödliches Netzwerk 111

 

111.

 

 

 

Er hatte gut geschlafen und machte sich früh auf den Weg. Sein nächstes potentielles Opfer war zwar eher ein Langschläfer, das war bei seinem Beruf aber weder unüblich noch verwerflich, waren doch Geschäftstermine auch am späten Abend eher Gewohnheit denn Ausnahme. Wie bei nahezu jedem Politiker. Er wollte einfach so früh vor Ort sein, weil dies die beste Möglichkeit war, einen Parkplatz in der Nähe der Wohnung des Mannes zu finden. Zu der Zeit, wenn viele Anwohner ihre Parkplätze frei machten, um zur Arbeit zu fahren. Wie meistens zahlte sich seine akribische Voruntersuchung aus, kurz vor 9:00 Uhr hatte er einen Parkplatz mit guter Sicht auf die nur gut 20 m entfernte Eingangstür des mehrgeschossigen Mietshauses in dem Michael Kleefisch, seines Zeichens einer der bekanntesten Politiker einer aufstrebenden Partei, die Deutschland eine echte Alternative bieten wollte, lebte.

 

Deshalb hatte er aus allen Kandidaten ihn ausgesucht. Es wäre interessant zu beobachten, wie eine Partei, deren Anhänger sich rücksichtslos der sozialen Netzwerke bediente, sich verhalten würde, wenn genau diese Medien für sie zur Bedrohung wurden.

 

Er musste bis fast 10:00 Uhr warten, dann verließ Kleefisch das Haus, um Brötchen zu holen. Danach verschwand Kleefisch wieder für Stunden im Haus. Erst zwei Stunden später ging die Haustür auf und Kleefisch schlenderte Richtung Hauptstraße, bog nach rechts ab und war ausser Sicht.

 

Das war das Signal für seinen Aufbruch. Er schnappte sich ein Paket vom Beifahrersitz und setzte sich eine Baseballmütze auf. Den Overall hatte er schon an, er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Paketkurier. Ein Paket unter dem Arm, klingelte er in einer Wohnung in einer der oberen Etage, murmelte etwas von Paketzustellung und hörte Sekunden später zufrieden das Summen des elektrischen Türöffners. Damit war er drin. Aufmerksam sah er sich im Treppenhaus um, stieg Stufe um Stufe hoch, achtete darauf, ob sie knarrten, studierte jedes Klingelschild. Glücklicherweise gab es auf jeder Etage nur eine Wohnung und somit nur einen Eingang. Sein Ziel wohnte im dritten Stock, darüber gab es nur noch eine weitere Etage. Damit blieb ein Risiko, von oben überrascht zu werden. Denn er würde es im Treppenhaus beginnen müssen, sah keine Chance vorher in die Wohnung einzudringen, zwei moderne Schlösser, eine stabile Wohnungstür. Also blieb nur das Treppenhaus. Er würde warten bis Kleefisch zurückkam, hinter ihm, versteckt hinter der Maske des Paketzustellers in den Hausflur treten, ihn vorangehen lassen, auf der Treppe zurückbleiben, scheinbar unter der Last des Paketes ächzend. Dann, wenn Kleefisch mit dem Aufschließen der Tür beschäftigt war, würde er schnell hinter ihn treten. Ihm den Lappen vor die Nase halten und ihn in die Wohnung drängen. Das Ganze würde nur wenige Sekunden dauern. Das einzige Risiko war ein von der obersten Etage herunterkommender Bewohner oder Besucher. Von unten herrschte keine Gefahr. Sofern noch jemand unterhalb im Treppenhaus war, konnte er jederzeit abbrechen, einfach an seinem Ziel und dessen Wohnungstür vorbeigehen, hoch zur obersten Etage. Deshalb war es wichtig, herauszufinden welche Gefahr von oben drohte. Die einfachste Lösung, klingeln, das tat er, vergebens. Gut. Morgen würde er den Vorgang eventuell nochmals wiederholen oder gleich zuschlagen. Heute war Mittwoch, deshalb hatte er nur noch zwei Chancen. Wenn es eine Routine für das Wochenende gab, kannte er sie noch nicht. Deshalb musste es an einem Wochentag geschehen.