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Fatebug - Tödliches Netzwerk 112

 

112.

 

 

 

Missmutig und widerwillig hatte sich Strecker am Morgen auf den Weg nach Klettenberg gemacht. Dort in der Ölbergstraße sollte der frühere Arbeitskollege von Frau Tenzel wohnen. Sein Kollege Lohr begleitete, chauffierte ihn. Sie fuhren die Luxemburger Strasse Richtung Südosten und kamen gut voran. Der Berufsverkehr hatte nachgelassen, behinderte nur noch Fahrzeuge, die in die entgegengesetzte Richtung, in die Innenstadt unterwegs waren. Sie wollten möglichst vor der morgendlichen Telefonkonferenz mit dem Mann sprechen, würden sich, wenn sie nicht mehr rechtzeitig zurück in das Büro schaffen sollten, via Autotelefon beteiligen.

 

Lohr fand einen Parkplatz etwa 50 Meter hinter dem Mehrfamilienhaus in dem Ralf Heeger wohnen sollte. Sie gingen die paar Meter zurück bis zum gesuchten Eingang, gingen zur Haustür und sahen auf das Tableau mit den Klingeln. Sechs Namen, der Name Heeger stand oben rechts. Lohr betätigte die Klingel, sie warteten. Nachdem annähernd eine Minute verstrichen war, klingelte Lohr noch einmal, diesmal länger, intensiver. Wieder warteten sie, wieder vergeblich. Nachdem ein dritter Versuch ebenfalls erfolglos war, versuchte Max Lohr es mit der Klingel unten links. Diesmal schnurrte der Türöffner schon nach wenigen Sekunden. Die Beamten traten ein und stellten sich der Frau die in der halb geöffneten Tür stand vor.

 

Entschuldigung“, sagte Kommissar Lohr. „Wir wollten eigentlich zu Herrn Heeger. Wir müssen ihn als Zeugen befragen, er scheint aber nicht da zu sein. Können sie uns vielleicht sagen, wo oder wann wir Herrn Heeger antreffen können?“

 

Oh je“, antwortete die Frau. Ich weiß eigentlich nicht viel über ihn. Er wohnt seit ca. einem Jahr hier. Hin- und wieder treffe ich ihn im Treppenhaus, wir grüßen uns, wechseln ein paar Worte, mehr nicht“.

 

Wissen Sie, wo er arbeitet?“, hakte Lohr nach.

 

Leider nein“, antwortete sie.

 

Wissen Sie, ob er überhaupt arbeitet?“, wollte Hauptkommissar Strecker noch wissen. „Hat er das Haus morgens immer zu der gleichen Zeit verlassen, ist er abends immer zur gleichen Zeit zurückgekommen?“

 

Nicht mal damit kann ich Ihnen weiterhelfen. Ich bin morgens meist eher hinten in der Wohnung. Man kann zwar die Tür hören, wenn es ruhig ist, aber sehen, wer rein oder rausgeht, kann man von dort nicht. Und was die Ruhe angeht, ich habe eine kleine Tochter, die sehr lebhaft ist“.

 

Danke für ihre Hilfe“, sagte Max Lohr. Obwohl ihre Aussagen bisher keine große Hilfe für sie waren.

 

Sie klapperten noch die anderen Wohnungen im Haus ab, trafen noch zwei weitere Bewohner an, wirklich mehr erfuhren sie aber nicht.

 

Das war denn auch der einzige Beitrag, den sie zur morgendlichen Telefonkonferenz beitragen konnten.

 

Hauptkommissar Faber hatte in München noch Frau Tenzels neuen Freund befragt. Und dabei noch interessante Neuigkeiten erfahren. Offenbar hatte das Verhalten von Werner Klein ebenfalls Anlass zu Frau Tenzels Selbstmord gegeben. Die wesentliche Information war aber, dass der neue Freund sicher auch nicht als Täter in Betracht kam. Für die Zeit des Mordes in Bad Hindelang hatte er ein Alibi.

 

Abschließend erörterten sie noch, ob sie die Massenuntersuchung aller Morde und Selbstmorde auf das gesamte Land ausweiten sollten. Trotz der Menge oder besser der Unmenge an Vorfällen. Kommissar Marten hatte ihnen nochmals die Zahlen vor Augen geführt, die er ihnen schon zu Beginn ihrer Jagd genannt hatte. Und natürlich waren sie nicht besser geworden, abgesehen von den Fällen, die sie mittlerweile bearbeitet hatten. Hatten sie gestern noch eine Quote von 80 Prozent bearbeiteter Fälle gehabt, so wären es durch die Auswertung nun lediglich 25 Prozent aller Vorfälle. Die Untersuchungen würden noch Wochen dauern, trotz der riesigen Mannschaft. Trotzdem beschlossen sie, die Untersuchungen auszuweiten. Nicht weil sie davon überzeugt waren, sondern weil sie sonst keinen Weg sahen.