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Fatebug - Tödliches Netzwerk 117

 

117.

 

 

 

Danke für die Information“, sagte Staatssekretärin Dr. Buhr dem Anrufer. „Das nenne ich Timing. Wir haben heute Morgen vorab ein E-Mail mit der Ankündigung eines offiziellen Anschreibens der Firma Fatelog bekommen. Das Schreiben lag als Anhang vorab bei und enthielt Vorschläge von Fatelog zur Veränderung ihres künftigen Verhaltens. Sollte der Täter wirklich bald gefasst werden, werden sich die Herren sicher ärgern, dass sie dieses Mal so zügig agiert haben. Aber sie haben natürlich recht, wir sollten in Anbetracht der neuen Lage die Angelegenheit möglichst forcieren. Daher nochmals meinen Dank. Einen schönen Tag noch“.

 

Dann legte sie auf, drückte die Taste, die sie mit ihrem Vorzimmer verband und bat ihre Sekretärin, ein Gespräch mit Dr. Gassmann, dem Geschäftsführer von Fatelog herzustellen.

 

Sie legte auf und las sich die E-Mail noch einmal gründlich durch.

 

Es dauerte keine zehn Minuten bis ihr Telefon klingelte und ihre Sekretärin ihr mitteilte, dass sie Dr. Gassmann in der Leitung hatte.

 

Danke. Stellen Sie ihn bitte durch“, sagte die Staatssekretärin und wartete darauf, dass ihre Sekretärin die Leitung verlies. „Dr. Gassmann, vielen Dank, dass sie so kurzfristig Zeit für mich haben. Und vielen Dank auch für ihr Schreiben. Ich habe mir ihre Vorschläge kurz angesehen. Wie sie sich sicher vorstellen können, haben wir noch ein paar Fragen und auch Wünsche. Wie ich ihnen bereits gesagt hatte, befinden sich unsere Vorschläge schon auf dem Weg in das Kabinett. Daher wäre es sinnvoll, damit wir ihre Position noch ausreichend würdigen und einbeziehen können, wenn wir die noch bestehenden Unklarheiten möglichst kurzfristig beseitigen könnten. Könnten sie morgen früh noch einmal nach Berlin zu kommen? Die genaue Uhrzeit müsste ich Ihnen allerdings noch nachliefern. Ich halte es für sinnvoll, wenn der Herr Minister ebenfalls bei dem Gespräch anwesend ist. Er ist morgen früh hier im Ministerium, ich müsste allerdings noch einen kurzen Slot für das Gespräch mit seinem Sekretariat vereinbaren.“

 

Das kommt jetzt ein bisschen plötzlich“, erwiderte Dr. Gassmann. „Eigentlich.“

 

Es ist nur ein Angebot“, unterbrach ihn Frau Dr. Buhr. „Sie können natürlich auf das Gespräch verzichten oder wir können auch gerne einen Termin für die nächste Woche vereinbaren. Die Chance, dass ihre Vorschläge angemessen in der Gesetzesvorlage berücksichtigt werden, wird dadurch aber kaum steigen. Und wie die Vorlage aussehen wird, wissen sie ja“.

 

Ich werde es einrichten können“, sagte Gassmann.

 

Gut, vielen Dank. Meine Sekretärin informiert Sie später über den genauen Termin. Ach und bringen Sie bitte sicherheitshalber eine Kopie des Schreibens mit. Der Herr Minister verhandelt gerne auf Basis fester Grundlagen.“

 

Unmittelbar nachdem das Gespräch beendet war, wählte sie die Taste für die Direktverbindung zum Minister.

 

Frau Klein, ich muss sofort den Minister sprechen. Bitte veranlassen Sie, dass er mich sobald als möglich anruft. Weiterhin brauche ich einen Termin mit dem Minister am morgigen Vormittag. Ca. 30 Minuten. Ja, es ist sehr wichtig! Um was es geht, erkläre ich ihm, wenn er mich anruft. Wann ginge es? 10:30 Uhr. Danke, ich erwarte dann seinen Anruf“.

 

Sie legte auf, lehnte sich zufrieden zurück, gönnte sich ausnahmsweise einen Moment der Muße. Was in ihrem Leben viel zu selten vorkam. Und der auch dieses Mal viel zu früh unterbrochen wurde. Das Telefon klingelte schon. Der Minister war dran.

 

Guten Tag Herr Minister, entschuldigen sie die Eile. Aber ich habe vorhin mit der Geschäftsführung von Fatelog gesprochen. Sie bewegen sich, werden sogar konkrete verbindliche Vorschläge vorlegen. Schriftlich, dafür habe ich gesorgt. Das reicht zwar noch nicht, ist aber endlich ein Anfang. Das Schreiben liegt Frau Klein vor. Wenn sie mögen, kann ich gerne die Verhandlung führen. Aber ich hätte sie gerne dabei.“

 

Sie hielt einen Moment inne, hörte ihm zu.

 

Nein“, fuhr sie dann mit einem Lachen fort. „Nicht aus repräsentativen Gründen. Dieser Gassmann ist, mit Verlaub, ein Weichei. Und je mehr Druck wir auf ihn ausüben, desto besser. Und dabei können sie sehr, sehr hilfreich sein.“

 

Wieder schwieg sie, weil der Minister sie unterbrochen hatte.

 

Nein, sie brauchen den Innenminister nicht mitbringen“, sagte Frau Dr. Buhr, wieder begleitet von einem Lachen. „Sie bringen mehr als genug Gewicht auf die Waage. Politisch gesehen, natürlich“.

 

Wieder folgte ein kurzes Schweigen.

 

Warum die Eile?“, setzte die Staatssekretärin das Gespräch fort. „Es gibt noch eine weitere Nachricht. Die Ermittler haben anscheinend eine neue, scheinbar heiße Spur. Könnte sein, dass der Spuk bald vorbei ist. Gut für den Innenminister, aber schlecht für unsere Verhandlungsposition. Deshalb die Eile.“

 

Nachdem das Gespräch beendet war, wählte sie nochmals ihr Vorzimmer an.

 

Laden Sie bitte diesen Gassmann für morgen 10:30 Uhr ein. Sagen sie ihm, dass auch der Bundesminister der Justiz an dem Gespräch teilnehmen wird. Frau Klein soll einen der Besprechungsräume des Ministers für den Termin organisieren. Ich denke, wir brauchen maximal eine Stunde. Und verschieben Sie meinen morgigen Terminkalender so, dass der Termin dort hineinpasst. Plus 15 Minuten zur Vor- und 15 Minuten zur Nachbereitung. Und vergewissern sie sich noch einmal, dass alle an das Briefing heute Abend um 19:00 Uhr denken. Und dass alle vorbereitet und auf dem aktuellen Stand bei ihren Themen sind. Danke.“

 

Dann legte sie auf. Ein anstrengender Tag und er würde noch lang werden. Sie hatte noch einen Termin am späten Abend. Dabei würde sie gut aussehen müssen, auf zweierlei Arten gut aussehen müssen.