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Fatebug - Tödliches Netzwerk 7

 

7.

 

 

 

Hauptkommissar Strecker hatte sich nur wenig beruhigt. Obwohl er wusste, dass es am geschicktesten war nun Ruhe zu bewahren. Aber zuerst einmal abwarten, beobachten und überlegen wie man mit der Situation am besten umgehen sollte, das ließ sein Temperament nicht zu. Nicht mal einen Tag hatte der Kriminalrat abgewartet und ihnen Zeit gegeben, eine Spur zu finden. Nicht mal einen Tag, nicht mal das Gespräch hatte er abgewartet, nein er hatte gleich Tatsachen geschaffen. Das er mit einem Wischen seines Armes den ganzen Schreibtisch abräumte, hatte sein Kollege Lohr sicher nicht im Sinn, als sie zwei Tage vorher wegen seines von Akten, laut Ansicht von Lohr auch von Essensresten, überbordenden Schreibtisches in Streit geraten waren. Nun war der Schreibtisch frei, den Computerbildschirm hatte er glücklicherweise nicht erwischt, aber die Tastatur und die Maus lagen samt Akten und Schreibgeräten auf dem Boden. Etwas beruhigt, ließ er sich in seinen Bürostuhl fallen und betrachte gefällig sein Werk.

 

Das der sich vorgestern wegen der paar Pizzaschachteln, Hamburgerverpackungen und Brötchentüten so aufregen musste“, dachte er sich im Stillen. „Klar, wenn ich nur zu Hause rumhängen würde, bräuchte ich auch nicht so oft im Büro essen“. Strecker blieb eine ganze Weile so auf seinem Stuhl hocken. In Anbetracht der Aussicht, dass er das alles wieder würde aufräumen müssen, wurde seine Laune schnell wieder schlechter. Aber irgendwann raffte er sich auf. Zuerst fischte er Maus und die Tastatur aus dem Haufen, dann begann er die Akten zusammenzuraffen und stapelte sie auf dem Schreibtisch. Zuletzt wanderten die Essensverpackungen in den Papierkorb. „Scheiße, nun war die Akte von dem aktuellen Fall irgendwo in dem Riesenstapel verschwunden“ erkannte Strecker.

 

Gerade hatte er sich an die Durchsuchung eines ersten Stapels gemacht, als es an der Tür klopfte. Bevor Strecker etwas sagen konnte, öffnete sich die Tür und ein Mann, ca. Ende 20, groß, schlank, kurze braune Haare und ein gleichfarbiger Dreitagesbart, trat ein.

 

Guten Tag, mein Name ist Klaus Sehlmann. Sie müssen Hauptkommissar Strecker sein.“ Mit einem „erfreut Sie kennenzulernen“ kam er, die rechte Hand vorgestreckt, auf den Hauptkommissar zu.

 

Dieser erhob sich schwerfällig und missmutig, schaffte es aber, dem Eindringling auch seine Rechte entgegenzustrecken. Strecker erinnerte sich an seine Strategie und zwang ein Lächeln auf sein Gesicht.

 

Schön, dass Sie da sind“. Hatte er das wirklich gesagt? Als er dem Gast auch noch einen Stuhl anbot, kam fast so etwas wie Stolz in ihm auf.

 

Der Fallanalytiker nahm das Angebot an und setzte sich auf den Stuhl vor Streckers Schreibtisch. Als Strecker selbst wieder auf seinem Bürostuhl Platz genommen hatte, mussten die beiden Kriminalisten feststellen, dass sie sich wegen der sich auf Streckers Schreibtisch türmenden Papierstapel nicht mehr sehen konnten. Erst als der Analytiker mit seinem Stuhl einen guten halben Meter zur Seite rückte, hatten sie wieder Blickkontakt. Das brach das Eis. Beide lächelten sich an.

 

Kaffee?“, hörte sich der Hauptkommissar selbst fragen.

 

Gerne“, erwiderte Klaus Sehlmann.

 

Dann folgen sie mir in die Kaffeeküche“, sagte Strecker und führte den Analytiker über den Flur in die Kaffeeküche. Dort holte Strecker zwei Kaffeetassen aus einem Hängeschrank, stellte sie auf den Unterschrank und griff zur Kaffeemaschine.

 

Milch und Zucker?“, fragte er, während er die Tassen mit Kaffee füllte.

 

Danke. Nein. Schwarz“, erwiderte Klaus Sehlmann.

 

Auch diese Übereinstimmung half, die Sympathie zwischen den beiden zu entwickeln. Zurück im Büro nahmen sie wieder auf ihren Stühlen Platz.

 

Was können Sie mir über den Fall sagen?“, fragte der Profiler.

 

Strecker berichtete kurz über den Abend am Tatort und den Stand der Ermittlungen. Bevor der Analytiker nach den drei Kandidaten, die als Opfer in Frage kamen, fragen konnte, schlug Strecker ihm vor, dass er kurz bei Frau Meier-Uhland vorbeischauen sollte, um sich als temporärer Mitarbeiter des Kommissariats berechtigten zu lassen. Dann könnte er einen der Computer nutzen und sich anhand der Fallakte näher informieren.

 

Dann sollte auch der Obduktionsbericht in der elektronischen Akte sein. Die sollte sie besonders interessieren“, sagte Strecker. Der Hauptkommissar beschrieb seinem Gast noch, wie er zum Sekretariat des Kriminalrats kam. Während der Analytiker schon unterwegs war, rief Strecker noch bei Frau Meier-Uhland an und kündigte sowohl Besuch und Anliegen von Klaus Sehlmann an. Dann machte er sich daran, die Akten auf seinem Schreibtisch zu sortieren.