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Fatebug - Tödliches Netzwerk 22

 

22.

 

 

 

Schön, dass sie so pünktlich sind“ begrüßte der Hauptkommissar Frau Beu in seinem Büro. „Nehmen Sie Platz. Einen Kaffee oder sonst etwas zu trinken?“

 

Nein danke. Kommen Sie zur Sache. Ich habe wenig Zeit“, antwortete Frau Beu.

 

Waren Sie schon in der Gerichtsmedizin?“, fragte Max Lohr.

 

Nein. Dahin fahre ich nach unserem Gespräch“.

 

Wenn man mir die Nachricht überbringen würde, dass meine Lebensgefährtin wahrscheinlich, aber nicht sicher, tot wäre, würde mir das keine Ruhe lassen. Ich würde es sofort wissen wollen. Sie gehen mit der Angelegenheit offenbar ziemlich gelassen um“, provozierte Strecker. „Ist die Beziehung vielleicht doch nicht so gut und innig wie sie uns heute Morgen erzählt haben?“

 

Ich hatte noch keine Zeit. Ich musste mich um die Gaststätte kümmern. Für 11:00 Uhr war die Nachschublieferung Bier mit der Brauerei verabredet. Wenn das Bier ausgeht, können wir nicht öffnen“, verteidigte sich Frau Beu.

 

Wie ist denn ihre Position in der Kneipe. Pächter ist ja Moritz Donner. Sind sie dort angestellt?“, hakte Max Lohr nach und handelte sich einen unfreundlichen Blick des Hauptkommissars ein. Bevor dieser das Gespräch jedoch wieder auf das Thema Beziehung lenken konnte, kam schon die Antwort.

 

Ich helfe Moritz aus. Einfach so. Gibt es da ein Problem?“

 

In Zukunft schon“, antwortete Strecker. „Der DNA-Abgleich hat ergeben, dass der Tote wirklich Moritz Donner ist. Man wird sie die Kneipe sicher nicht führen lassen, nur weil sie mit dem nun toten Pächter liiert waren. Ihre Karriere als Wirtin ist beendet. Genauso wie ihre glückliche Beziehung zu Herrn Donner. Und die ist nicht erst durch seinen Tod beendet. Hören Sie auf, uns zu verarschen und erzählen Sie uns, wie es um ihre Beziehung wirklich stand. In ihrem eigenen Interesse. Beziehungsprobleme sind häufig ein Motiv für einen Mord. Also jetzt raus mit der Wahrheit“.

 

Ja. Wir hatten Probleme“, räumte Anne Beu ein. „Moritz hat sich seit einiger Zeit kaum mehr um mich gekümmert. Auch das Geschäft hat er mehr und mehr vernachlässigt. Zu spät aufgemacht, Gäste unfreundlich behandelt. Wenn er nicht in der Kneipe war, war er nur noch mit seinen Kumpels unterwegs oder hat vor seinem Computer rumgehangen. Mit mir geredet hat er so gut wie gar nicht mehr. Und wenn, haben wir nur gestritten. Eigentlich war alles im Arsch. Das Geschäft und auch unsere Beziehung“.

 

Und da haben sie sich was Neues gesucht. Zumindest in Beziehungsdingen?“, fragte Strecker.

 

Das ist so passiert. Einfach so. Vor ungefähr 8 Wochen hatten wir in der Kneipe Streit. Moritz und ich. Ich weiß gar nicht mehr worum es dabei ging. Jedoch ging es soweit, dass Moritz mir in das Gesicht geschlagen hat. Da ging ein Gast dazwischen und hat Moritz weg geschubst. Das war Josef. Moritz ist dann abgehauen. Ich habe geheult. Josef hat den anderen Gast, der war ziemlich betrunken, raus geschickt. Dann haben wir zugemacht. Geredet. Sind spazieren gegangen und irgendwann landeten wir dann zuerst in seiner Wohnung und dann im Bett. Seitdem haben wir uns 2-3 mal in der Woche getroffen“.

 

Wusste Moritz Donner von der Beziehung?“, fasste Strecker nach.

 

Nein. Er und Josef waren ja befreundet. Die kannten sich ja bereits seit ihrer Kindheit“.

 

Halten sie es für möglich, dass dieser Josef Moritz Donner ermordet hat?“.

 

Warum sollte er das denn tun? Wir hatten keine Pläne. Nur Sex“, beteuerte Frau Beu.

 

Und wenn es doch Streit gegeben hat?. Weil Herr Donner doch etwas über ihr Verhältnis mit Herrn Sterzel erfahren hat.“

 

Das hätte Josef mir doch sicher erzählt.“

 

Wäre es Ihnen oder Herrn Sterzel denn egal gewesen, wenn Herr Donner etwas über ihr Verhältnis erfahren hätte?“, fragte Strecker.

 

Mir war das mittlerweile egal. Das mit Moritz war am Ende. Nicht mehr zu retten. Und dann hätten Josef und ich herausfinden müssen, was uns wirklich aneinander liegt. Oder ob uns nur der Sex verbindet. Ich musste mich sowieso neu orientieren. Privat und beruflich“.

 

Schade!“ Dachte sich Hauptkommissar Strecker. Sie war nicht in die Falle getappt. Ob bewusst oder weil sie die Wahrheit sagte, blieb offen.

 

Ok. Kommen wir auf Moritz Donner zurück. Was hat er denn mit seinen Kumpels getrieben?“.

 

Das kann ich Ihnen gar nicht so genau sagen. Sie waren viel auf dem Fußballplatz. Bei der Germania Mülheim. Sie haben sich sonntagnachmittags Spiele angeschaut und hin und wieder haben sie auch selber gespielt. Hauptsächlich montagabends, wenn die Gaststätte Ruhetag hatte. Im Sommer sind sie auch zwei- bis dreimal im Jahr zum Zelten gefahren. Über das Wochenende. Ach ja. Öfters sind sie auch irgendwo hingefahren und haben sich beschossen. Mit Farbkugeln oder so. Auch in der Kneipe waren seine Kumpels oft. Dumm schwätzen oder Karten spielen.“

 

Dumm schwätzen? Was meinen Sie damit?“ fragte Max Lohr nach.

 

Sie haben sich über alles Mögliche aufgeregt. Ständig gemeckert und geschimpft. Auf Ausländer, Politiker, Fußballer anderer Vereine. In letzter Zeit ging es auch immer wieder um Flüchtlinge. Halt so Dinge über die Männer reden, die selber nichts auf die Reihe kriegen und nach Schuldigen suchen“, erklärte Frau Beu.

 

Und ihr Lebensgefährte hat da mitgemacht?“, setzte Strecker nach.

 

Er war halt dabei. Ob er das ernst gemeint hat oder nur mitgemacht hat, damit die Typen zu uns in die Gaststätte kamen, kann ich gar nicht sagen. Wenn sie nicht dabei waren, hat er sich eigentlich zurückgehalten. Ich kann mir gar nicht erklären, wie es zu diesem Fatelogeintrag kam, der ihm so viel Ärger eingebracht hat.“

 

Was für ein Eintrag?“, fragte Hauptkommissar Strecker.

 

Er wurde doch dazu von der Polizei verhört. Damals nachdem dieser Fußballspieler von den Jugendlichen totgeschlagen wurde. Man hat doch versucht, Moritz da eine Mitschuld anzuhängen. Als ob diese Schläger das gebraucht hätten.“

 

Wir haben den Vorgang bereits in den Akten“, unterbrach Max Lohr Frau Beu. „Hat Herr Donner öfters in seinen Posts zu Gewalt aufgerufen?“.

 

Das weiß ich nicht. Ich habe mich mit dem Dreck nicht beschäftigt, wenn ich nicht musste. Aber häufig sind wir deshalb aneinander geraten, weil er, wenn er zu Hause war, nur noch vor der Kiste gesessen hatte. Mir hat das nicht gefallen, ich habe ihm das auch gesagt. Ebenso, wenn ich der Meinung war, dass er Unsinn redete. Völlig blödsinnige Behauptungen aufstellte, die er offensichtlich auch aus dem Computer hatte. Woher sonst auch. Zeitungen oder Nachrichten im Fernsehen interessierten ihn ja nicht.“

 

Was waren das für unsinnige Behauptungen?“, fragte Max Lohr.

 

Ach, dass ihnen die Ausländer die Arbeit wegnehmen. Dabei sind die alle schon seit Jahren arbeitslos. Haben nichts gelernt. Sind an nichts interessiert. Von Frauen, Autos, Fußball und Saufen abgesehen.“

 

Ok“, sagte Hauptkommissar Strecker, während er Frau Beu einen Block mit einem darauf liegenden Stift über den Tisch zuschob. „Schreiben Sie uns bitte die Namen der Personen auf, die häufiger Kontakt mit Moritz Donner hatten. Herrn Sterzel können Sie weglassen. Der wartet schon nebenan darauf, dass wir hier fertig werden. Und fahren Sie bitte zügig in die Gerichtsmedizin, um Herrn Donner zu identifizieren. Wir haben keine Zweifel, dass er es ist. Aber Vorschrift ist Vorschrift. Sie können dann gehen, sollten die Stadt aber nicht verlassen. Wenn sie meinen, verreisen zu müssen, rufen Sie mich vorher an“. Mit der letzten Bemerkung schob er ihr noch eine Visitenkarte über den Tisch, stand auf, verabschiedete sich und verließ den Raum.

 

Sie müssen auch noch das Protokoll unterschreiben“, sagte Max Lohr. „Ich drucke es schnell aus.“ Seine Finger flogen über die Tastatur seines Laptops, auf dem er das Gespräch protokolliert hatte. Dann stand er auf, ging zu einem Drucker der auf seinem Schreibtisch stand und griff sich die unten aus dem Drucker herausgekommenen Blätter. Den Blick auf die in seinen Händen befindlichen Seiten gerichtet, kam er zurück zum Tisch, blätterte in den Papieren, sortierte die unterste Seite nach oben und legte den Stapel vor Frau Beu auf den Tisch. „Wenn Sie es durchgelesen haben, müssen sie da unterschreiben“, sagte er und deutete mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand auf eine Stelle rechts unten auf dem nun obersten Blatt.