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Fatebug - Tödliches Netzwerk 25

 

25.

 

 

 

Sie verließ das Haus, durchquerte den Vorgarten und öffnete die Gartentür. Dann wandte sie sich nach rechts, ging ca. 15 Meter den Gehsteig hinunter, wühlte in ihrer Handtasche und hob den Kopf in Richtung des Wagens, der sie mit einem Aufflackern der orangenen Blinklichter begrüßte. Sie ging auf die Straße, öffnete die Tür und stieg ein. Nach wenigen Augenblicken blinkte der linke Blinker wieder auf, der Mercedes glitt aus der Parklücke und bewegte sich langsam die Straße hinunter.

 

Heute war wieder Yoga-Tag. Und die Bahn war nun frei für ihn. Er stieg aus seinem Bus, nahm seinen Werkzeugkoffer und die Tasche, überquerte die Straße und schlenderte die 30 Meter in Richtung ihres Hauses. In seinem blauen Arbeitsanzug sah er perfekt nach einem Handwerker aus. Niemand würde Verdacht schöpfen.

 

An ihrer Gartenpforte angekommen, simulierte er ein Klingeln, bevor er kurz danach die Pforte öffnete und durch den kleinen Vorgarten zur Tür ging. Dort öffnete er blitzschnell die Tür mit seinem Nachschlüssel und schlüpfte in den Flur. Er schloss die Tür und zog sofort die Schutzkleidung über. Schutzanzug mit Kapuze, Überschuhe, Handschuhe und einen Mundschutz. Wie beim letzten Besuch. Er klappte seinen Werkzeugkoffer zu, ging durch den Flur, öffnete linker Hand auf halber Länge die Kellertür, machte das Licht an und ging die Treppe hinunter in den Hobbyraum.

 

Auf einem kleinen Schränkchen unter dem hohen, dem Garten zugewandten Kellerfenster breitete er eine Folie aus und platzierte mit großer Sorgfalt sein Werkzeug darauf. Einige Kabelbinder, einige Gurte, einen Knebelball mit Befestigungsriemen, einen Mundring, ebenfalls mit Befestigungsriemen, einige Mullbinden, eine Flasche mit Desinfektionsmittel und einige Skalpelle. Einweg und in unterschiedlichen Größen. Erstaunlich, mit wie wenig Material er auskam.

 

Ganz links auf das Schränkchen, den Platz hatte er freigelassen, stellte er seinen geöffneten Werkzeugkoffer.

 

Dann nahm er seine Reisetasche und ging mit ihr in die Ecke links von der Tür. Er würde von der Tür entfernten Seite der Tischtennisplatte arbeiten. Eigentlich schade, ein kleinerer Tisch würde es leichter machen, man bräuchte sich nicht so beugen und strecken. Und auch das Fixieren wäre einfacher. Aber dafür entfiel die Besorgung und Anlieferung. Besonders letztere wäre auch recht riskant geworden. Immerhin war man hier mitten in einem Wohngebiet, nicht in einem verlassenen Industriegelände, wo man nicht damit rechnen musste, bei der Anlieferung auf jemanden zu treffen. Überhaupt hatte er bei der letzten Tat einigen Aufwand betreiben müssen.

 

Er hatte sich Zugang zum Server eines nur wenige Räume entfernt ansässigen Kleinbetriebes verschafft und die Kamera in das Netzwerk eingebunden. Nicht mal hacken musste er, obwohl er es gekonnt hätte, denn der Besitzer war so naiv, wie die meisten Netzwerkbetreiber und hatte das Passwort des Routers ohne Änderung übernommen. Nachdem er dort eingebrochen war, checke er als Erstes die Unterseite des Routers. Die an der Unterseite aufgebrachte Nummernkombination gab er in die WLAN-Verwaltungsseite seines Tablet-Computers ein und schon war er drin. Nun konnte er via Tablet die Kamera steuern. Und das sogar noch, nachdem er den Operationsraum geräumt hatte. Nicht abschweifen, dachte er sich. Die Vorbereitungen konzentriert zu Ende bringen. Wie war er überhaupt auf diesen Gedankengang gekommen? Ach ja, die Kamera. Dieses Mal würde er anders arbeiten. Er stellte die Tasche in der Ecke des Raumes ab, zog den Reißverschluss auf, griff in die Tasche und holte ein Stativ heraus, das er direkt neben der Tasche aufbaute. Mit einem weiteren Griff in die Tasche angelte er die kleine Kamera heraus und befestigte sie auf dem Stativ. Er trat hinter die Kamera, schaltete sie ein und machte eine Probeaufnahme von dem Tisch. Perfekt.

 

Er deponierte die Tasche neben dem Schränkchen, wandte sich dem Werkzeugkoffer zu und entnahm ihm noch ein Stück Stoff und ein kleines Plastikfläschchen. Dann ging er zur Tür, löschte das Licht des Hobbyraumes und ging die Kellertreppe hinauf. Oben löschte er das Kellerlicht, schloss die Kellertür und ging zur Eingangstür. Er schaute nochmals auf die Uhr. Keine Viertelstunde war vergangen, seit die Besitzerin ihr Haus verlassen hatte. Nun kam der schwierigste Teil. Warten.