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Fatebug - Tödliches Netzwerk 84

 

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Das ist alles“, herrschte der Innenminister seinen Staatssekretär an. „Sie wollen, dass wir unsere Bürger beschnüffeln. Ihre elektronischen Nachrichten abhören und analysieren? Das kann doch nicht ihr Ernst sein“.

 

Sicher wird der Vorschlag keine Jubelstürme auslösen. Aber populäre Maßnahmen die wirklich helfen würden, die gibt es nicht“, antwortete Staatssekretär Schneider.

 

Beide saßen im Büro des Ministers im Berliner Innenministerium. Die Aussicht auf Berlin gefiel dem Minister deutlich besser als die Aussicht, mit dem Vorschlag seines Staatssekretärs ins Kabinett zu marschieren.

 

Der Vorschlag muss natürlich noch vom Justizministerium auf verfassungsrechtliche Bedenken geprüft werden. Aber wir könnten ihn natürlich schon mal lancieren. Um zu schauen, wie er in der Öffentlichkeit ankommt. Es waren genügend Personen bei der Besprechung anwesend. Man wird uns nicht als Quelle festmachen können.“

 

Trotzdem. Ich habe keine Lust als deutsche Variante der NSA von den Medien vorgeführt zu werden“, entgegnete der Minister.

 

Ganz abgesehen vom erforderlichen technischen Aufwand und der Machbarkeit. Was ist, wenn die Anbieter dazu übergehen den Datenverkehr zu verschlüsseln. Dann nützt uns das ganze Abhören doch nichts. Nein, wir brauchen andere Maßnahmen. Manchmal ist Rechtsstaat wirklich schwierig. Die Chinesen hätten damit kein Problem“, reklamierte der Minister.

 

Ja und weil sie handlungsfähig sind, kuschen die Konzerne auch. Weil Kooperation für sie das kleinere Übel ist. Deshalb müssen wir auch handlungsfähig sein. Wir müssen mit einem Vorschlag oder einer Forderung herauskommen.“

 

Ja, aber nur weil die Panik derzeit hoch ist. Wenn der Mörder erst einmal gefasst ist, haben die Liberalen schnell wieder die Lufthoheit. Und zu Recht. Die Demokratie und die Freiheit sind ein hohes Gut, das geschützt werden muss. Auch wenn das teuer ist. Nein Schneider, die Maßnahmen dürfen nicht zulasten der Bürgerrechte gehen. Wir können nicht jeden Nutzer eines sozialen Netzwerkes unter Generalverdacht stellen und ausspionieren. Da brauchen Sie gar nicht auf das Justizministerium zu warten. Das geht mit mir schon nicht. Wir müssen einen Weg finden, der zulasten der Betreiber geht. Nicht der Bürger. Wenn Sie nichts Besseres haben, warten wir lieber ab. Bis Sie was Besseres haben. Und machen Sie sich keine Sorgen, ich halte den Druck schon noch eine Weile aus“.

 

Das kann ich mir denken“, dachte sich Staatssekretär Schneider. Er sah seinen Minister förmlich vor sich, wie er bei seinem nächsten Interview, vielleicht sogar schon an diesem Wochenende und vielleicht sogar im Fernsehen, den Vorwurf der Untätigkeit empört zurückwies. Mit der Bemerkung: „Was stellen sie sich eigentlich vor. Sollen wir vielleicht den Datenverkehr unserer Bürger abhören? Sie elektronisch ausspionieren, alle unter Generalverdacht stellen? Wir leben in einem Rechtsstaat.“ Und so weiter.

 

Insofern würde sein Vorschlag doch noch eine Verwendung finden.