· 

Fatebug - Tödliches Netzwerk 92

 

92.

 

 

 

Detlef Schmittke konnte sich gar nicht beruhigen. Gut, er hatte das Gespräch nicht unbedingt diplomatisch begonnen, als er dem Chefredakteur der zum Verlag gehörigen Boulevardzeitung unvermittelt verkündet hatte, dass er für die heutige Abend- und die morgige Sonntagsausgabe das Titelblatt, sowie Platz für einen zwei bis dreiseitigen Artikel in bevorzugter Position brauchte. Aber die Beharrlichkeit, mit der der Chefredakteur darauf hingewiesen hatte, dass heute ein Bundesligaheimspiel des FC stattfand und er das Titelblatt bestenfalls für einen Weltuntergang oder die Verhaftung des wahren Kennedyattentäters preisgeben würde, empfand er schon als recht provozierend. Letztlich hatte er aber keine Wahl als der Empfehlung des Chefredakteurs Folge zu leisten, nämlich seinen Artikel zu schreiben und sich danach nochmals mit ihm bzw. dem Chef des Anzeigers in Verbindung zu setzen. Also konzentrierte er sich auf den Artikel, was in Anbetracht der Fülle des Materials und der zu verbreitenden Informationen einige Zeit, präzise gesagt Stunden in Anspruch nahm. Immer wieder unterbrach er die Arbeit um sich mit dem Fotografen abzustimmen, welche Bilder in den Artikel integriert werden sollten. Neben diesen Aufnahmen sollten auch aus den Videos extrahierte Bilder in die Artikel eingebunden werden.

 

Um nicht vom guten Willen des Chefredakteurs der Boulevardzeitung abhängig zu sein, hatte er einen ersten Entwurf des Artikels an den Chefredakteur des Anzeiger gesendet und diesen anschließend auch telefonisch bearbeitet. Nach dem Telefonat war er sich sicher, dass er den Platz bekommen würde, den er seiner Ansicht nach brauchte.

 

Gegen 16:30 Uhr mailte er die weitgehend fertige Fassung an den Chefredakteur des Boulevardblatts, inklusive der zur Veröffentlichung vorgesehenen Bilder. Auch das vom Lokalredakteur des Mitteldeutschen Anzeigers nachgelieferte Foto, das den Abtransport der Leiche zeigte, war dabei.

 

Schmittke wartete noch bis kurz vor 17:00 Uhr. Dann rief er den Chefredakteur an. Dieses Mal gab es keinen Widerstand. Und das lag nicht daran, dass der Chefredakteur des Anzeigers seinen Kollegen bereits angerufen hatte. Auch nicht daran, dass das Fußballspiel immer noch 0:0 stand und wenig Schlagzeilenträchtiges bot. Es lag einfach daran, dass sie sich alle einig waren, eine Story zu haben, die in die Annalen des Verlags eingehen würde.